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So sehr der Dienstleistungsgedanke sich mittlerweile auch im Kanzleiengeschäft etabliert hat:

Das anwaltliche Werberecht ist immer noch ein gar eigen Ding. Da stößt der Marketing Manager der internationalen Anwaltssozietät ebenso an seine Grenzen wie die kleinstädtische Kreativagentur. Denn „wer für sich Rechte aus dem Sonderstatus Rechtsanwalt reklamiert, kann sich nicht gleichzeitig von den damit korrespondierenden (Sonder-)Pflichten dispensieren wollen, die zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege … das anwaltliche Grundrecht auf freie Berufsausübung … zu beschränken vermögen“.

Damit bringt Autor Gerhard Ring gleich zu Beginn der Zweitauflage seines Anwaltlichen Werberechts auf den Punkt, was er im Folgenden im Lichte von § 43 b BRAO, der BORA, aber auch von Art. 24 der EU-Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG vertieft. Das besondere Verdienst seines Buches, der Grund, warum sich Besitz und Lektüre wirklich lohnen, liegt in der Zweiteilung des Werkes: Zum einen liefert Ring einen fundierten theoretischen Teil, und zwar bis hin zum immer noch erstaunlich liberalisierungsresistenten Streitthema Erfolgshonorare. Zum anderen und vor allem aber werden Sachlichkeitsgebot & Co in die konkrete Praxisbetrachtung überführt, und zwar in Form einer Beurteilung der Zulässigkeit anwaltlicher Werbung von A – Z.

Akademische Grade und Angstwerbung kommen dabei ebenso zur Sprache wie die Anwaltsrobe mit Werbeaufdruck, die auch 2017 noch gegen § 20 BORA verstieß. Wie wäre es stattdessen mit Bandenwerbung (an einer Eislauffläche)? Vergleichsweise heikler sind die Punkte Direktansprache, Direktmarketing und mittelbare – oder Drittwerbung. Hier lotet das Buch die Grenzen des § 6 III BORA auf verdienstvolle Weise aus.

Was sich für die dritte Ausgabe indes noch ergänzen ließe,

wäre der Bereich der Handbuchsubmissionen, also das Pitchen bzw. schriftliche Bewerben unter Nennung spezieller Kanzleieigenschaften, Mandanten und Mandaten gegenüber Branchenspezialisten wie Juve oder Legal 500 Deutschland. Zwar befasst sich das Buch verdienstvoll mit verschiedenen Einzelaspekten, beispielsweise der Angabe von Erfolgszahlen. Ideal wäre aber die Komprimierung der spezifischen Herausforderungen, vor denen die mehreren Tausend Bewerber um entsprechende Einträge regelmäßig stehen, in eigenen Stichpunkten. So taucht in der Praxis immer wieder die Frage nach der Zulässigkeit der Erwähnung „vertraulicher“ Angaben „nur“ gegenüber Redakteuren auf. Wer sich hier verschließt, verbaut sich im Blindflug eines der wirkmächtigsten Marketinginstrumente größerer Sozietäten. Wo aber verläuft die rote Linie?

Nicht ganz unproblematisch ist

zudem das an mehreren Stellen hervorgehobene Dictum der Formwahlfreiheit anwaltlicher Außendarstellung. Denn natürlich umfasst diese auch die Internetwerbung, die heute „State of the Art“ ist. Andererseits gilt es das UWG und dort beispielsweise den § 7 II Nr. 3 zu beachten, auf den Ring zutreffend hinweist. Danach ist SMS-Werbung in den meisten Fällen ein No Go. Nicht Ohne ist schließlich auch der Punkt Mitgliedschaften in nichtjuristischen Institutionen: Wenn hier mangels sachlichem Bezug i. S. des § 43 b BRAO tatsächlich mit Ring ein Berufsrechtsverstoß vorliegt, wird es für zahlreiche Social Media-Profile der Kollegen eng (und die Frage nach dessen Rechtsfolgen entsprechend brisanter). Indes liefert Ring in jedem Fall eine fundierte Argumentationshilfe.

Die Protagonisten des anwaltlichen Berufsrechts kommen in an die 2.000 Fußnoten zu Wort, ein ausführliches Stichwortverzeichnis eröffnet den raschen Zugriff auf beide Abschnitte des Werkes. Das macht es zu einem ebenso nützlichen wie angenehmen Begleiter für jeden, der sich auch nur gelegentlich mit den Grenzen anwaltlicher Außendarstellung befasst.

Dr. Anette Schunder Hartung

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