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Die Subsumtion ist die vornehmste Aufgabe des Juristen. Alles andere ist und bleibt „nice to have“. Wenn Sie das meinen, verschwendet Effer-Uhe/Mohnert bei Nomos erschienenes Paperback „Psychologie für Juristen“ Ihre Zeit. Sonst sollten Sie es kaufen und lesen – auch und gerade dann, wenn Sie nicht als Jugendrichterin oder Strafverteidiger ohnehin zu den Abnehmern einschlägiger Publikationen gehören.

Ein gewichtiger Grund dafür liegt zunächst in den Ausführungen zu den subjektiven Mechanismen kognitiver Dissonanz, zu Urteilsverzerrungen, -heuristiken und -fehlern. So sind statistische Irrungen (nicht nur) allen, die mit dem Beweiswert von Indizien zu tun haben, ein Graus. Die Sache geht weiter: Da führen Rückschau- und Bestätigungsfehler („Hindsight –“ und „Confirmation Bias“) dazu, dass nicht nur die Vorhersehbarkeit von Ereignissen im Nachhinein überschätzt wird. Auch werden Informationen, die eine scheinbar plausible Hypothese weiter erhärten, übermäßig gewichtet. Und kennen Sie den „Hof-“ oder „Halo-“Effekt? Danach ist, was schön ist, auch gut: Voneinander unabhängige Eigenschaften werden untunlich miteinander verknüpft. Was sich die juristische Zunft freilich mit einer Reihe von Statussymbolen seit jeher ihrerseits zunutze macht.

Was zudem tatsächlich jeder, aber auch jeder Verhandler kennen sollte,

sind die Mechanismen des „Framing“. Danach beeinflusst die Art der Darstellung in schöner Regelmäßigkeit die Weise der Bewertung. Das gilt nicht nur für den bekannten „Verlustaversions“-Effekt, nach dem Verluste vergleichsweise stärker wahrgenommen werden als korrespondierende Gewinne.

Nach dem „Primacy-“ bzw. „Recency-“Effekt wiederum sind aus einer Reihe von Informationen die ersten und letzten besonders gut abrufbar.

Dem Verhandeln widmet das Buch denn auch ein eigenes Kapitel, dort unter anderem unter Vertiefung des „Anker-“Effekts. Dabei geht es um die Arbeit mit Vergleichswerten. Sie möchten für Ihre Mandantin einen guten Verkaufspreis aushandeln? Dann stellen Sie zuvor eine höhere Vergleichszahl in den Raum. Auf Käuferseite geben Sie umgekehrt zuerst ein niedriges Gebot ab, das gerade hoch genug ist, um die Gegenseite die Verhandlung nicht sofort abbrechen zu lassen. Auf diese Weise steigt die Bereitschaft des Verkäufers, mit dem Kaufpreis herunterzugehen. Daneben ist es unter anderem das Wissen um die Motivation Ihrer Verhandlungspartner, die den entscheidenden Unterschied bewirken könnte: Menschen streben nach Wirksamkeit, sie wollen ihre Umwelt in einer bestimmen Art und Weise kontrollieren. Außerdem werden Zielengagement und -distanzierung in bestimmter Weise organisiert, und die sollten Sie kennen. Hier gilt die alte Coaching-Regel: Clarity equals power, Klärung schafft (Verhandlungs-)Macht.

Ein weiteres kommt hinzu:

Entsprechendes Wissen wird umso wichtiger werden, je umfassender klassische juristische Subsumtionsleistungen der Erledigung durch technische Vorrichtungen zugänglich sind! Entsprechende Plattformen sind längst keine Zukunftsmusik mehr.

Um Sachverhalte und Anwendungsregeln miteinander zu juristischen Ergebnissen zu kombinieren, benötigen Sie nicht einmal selbstlernende „Künstliche Intelligenz“ – verbinden Sie Daten mit Algorithmen, und schon ermitteln Ihnen geblitzt.de, flightright & Co Ihre Ansprüche.

Auch komplexe Sachverhalte werden sich schon mittelfristig auf diesem Wege schultern lassen – „Bigger Data“ und moderneren Algorithmen sei Dank. Umso wichtiger werden all diejenigen Skills werden, die sich auf diese Weise nur schwer nachbilden lassen (siehe dazu auch das von der Rezensentin unlängst mit herausgegebene dfv-Großhandbuch „Recht 2030“.

Unter dem Strich müssen Juristen deswegen natürlich nicht weniger subsumieren können. Nur könnten sozialpsychologische Kenntnisse (als Hypothese:) eben juristische Zusatzqualifikationen sein, die aus Convenience-Leistungen erst etwas Besonderes machen. Derartige Zusatzqualifikationen sind (im Obersatz:) Eigenschaften, die eine über das Subsumtions-Standardrepertoire hinausgehende, schwer automatisierbare intuitiv-komplexe Struktur aufweisen. Sozialpsychologische Zusatzkenntnisse weisen (im Untersatz:) in ihrer Vielfalt eine solche Struktur auf. Somit sind sozialpsychologische Kenntnisse (als Schluss-Satz:) entsprechend wertvolle juristische Zusatzqualifikationen.

Dass Sie sie sich aneignen, ist entsprechend auch eine Investition in Ihre berufliche Zukunft.

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