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Am auffälligsten optisch „eingebläut“ hat der Verlag die Anekdoten.

Für den eiligen Leser, der in farbigen Kästchen üblicherweise Praxistipps aufstöbert, ist das erst einmal irritierend. Gleichzeitig ist es aber auch ein Spannungselement: Der Kapitelüberschrift hat man schon entnommen, was Sache ist. Jetzt geht es „ans Eingemachte“.

 

Dazu ein Beispiel:

Kapitel II.3 gehört „Matthias Gscheit – fachlich gut zu sein reicht nicht“. Im Untertitel folgt die These auf den Fuß: „Mangelnde Fähigkeiten zum Perspektivwechsel beeinträchtigen den Erfolg“. Geschildert wird der Werdegang eines Gegnerschrecks, der sich anlässlich einer steuerlichen Betriebsprüfung schließlich mit dem Falschen anlegt. Im Folgenden weist der Autor u.a. auf unterschiedliche Möglichkeiten der Kommunikation und der Mediation und auf Coaching-Prozesse hin. Wie man entsprechende Konflikte unter Kanzleiinhabern löst, dazu gibt es weitere Fälle … und zur Wahrnehmung von Signalen anlässlich einer „Führung im Feldwebelton“ dann schließlich (in grau) praktische Tipps.

 

Spätestens jetzt wird deutlich,

dass „unterhaltsam“ in diesem Buch nicht gleichzusetzen ist mit „flach“. Genau hier nämlich liegt in der Praxis der Hase häufig im Pfeffer: Nicht an Rezepten zur Beseitigung wahrgenommener Störungen mangelt es – sondern betriebssoziale Störungen werden oft gar nicht erst als solche erkannt! Um hier am Ball zu bleiben, rät Autor Seefelder zunächst, sich über die durchschnittliche Fluktuation und den durchschnittlichen Krankenstand vergleichbarer Kanzleien auf dem Laufenden zu halten. Ein regelmäßiger (systematischer!) Mitarbeiterkontakt und eine klare, wertschätzende Sprache sind weitere Zusatzelemente, die Zielvereinbarungen und andere bereits bekannte Instrumente zu ergänzen vermögen.

Entsprechende Tipps und Auflistungen finden sich noch an weiteren Stellen – praktisch sehr hilfreich beispielsweise dort, wo es um die Vor- und Nachteilserfassung von Gewinnverteilungssystemen geht (wobei man bei einer Neuauflage den lesehemmenden Seitenumbruch inmitten einer Tabelle vermeiden sollte). Rundweg gelungen ist last not least der rund 35 Seiten lange Einführungsteil. Was sich hier gänzlich anekdotenfrei nachlesen lässt, ist nichts weniger als eine kluge Zusammenfassung über Anwaltsunternehmen heute. Eigentlich hätten Seefelders Ausführungen von Marktveränderungen über Kanzlei- und Führungstypen bis hin zu Analyseinstrumenten denn auch an den Schluss des Buches gehört – flankierend zum (etwas rudimentären) Glossar und dem (gut ausgewogenen) Stichwortverzeichnis.

Unter dem Strich: Wenn ich das Buch noch nicht hätte – ich würde es mir anschaffen und mit auf die nächste Bahnfahrt nehmen. Es lässt sich sehr gut in Häppchen lesen. Und wie sonst wollen Sie Gscheits chaotische Kollegin Carmen Nonorga oder die umstrittene Kanzlei Clock & Time kennenlernen.

Rechtsanwältin Dr. Anette Hartung, Frankfurt am Main

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